Das Interview mit Paddy Lectric erfolgt als Reaktion auf den LiveTalk der #Steckerbiker bei YouTube Link zum Video. Thema ist die Novellierung der THG-Quotenregelung und das damit verbundene Aus für elektrische Zweiräder und Kleinstfahrzeuge. Patrick hatte sich dabei optimistisch positioniert und sieht zukünftig noch einige positive Änderungen.
THG-News: Hallo Patrick, ich hoffe dir geht es gut? Eigentlich spielt die THG-Quote für unsere Zweiräder ja keine wesentliche Rolle. Dennoch hat man die Prämie gerne mitgenommen. Siehst du die THG-Quote eher als Bonus oder schon als „kleine Förderung“?
Patrick: Ich habe mein erstes Elektro-Motorrad gekauft, als es das Thema THG-Quote noch nicht gab. Und auch mein derzeitiges Motorrad hätte ich ohne Quote genauso gekauft. Für eine echte Förderung bei den „großen“ Maschinen ist der Gegenwert der Quote zu gering. Hier kann man nur von einem „Goodie“ sprechen, dass ich bisher auch sehr gerne mitgenommen habe. Anders sehe ich das bei den Leicht- und noch einmal verstärkt bei den Kleinkrafträdern. Hier kann man schon von einer Förderung reden, da durch die Quote über die Jahre hinweg ein nennenswerter Anteil des Anschaffungspreises zusammenkommt. Besonders interessant finde ich dabei, dass die Quote nicht nur dem Erstkäufer, sondern auch den späteren Gebrauchtkäufern zugute kommt und deren laufende Kosten massiv senkt. Das beste daran ist, dass die Quote den Staat kein Geld kostet, da sie von den Mineralölkonzernen gezahlt wird.
THG-News: Was ist deiner Meinung nach eigentlich der Grund, warum es nur regionale oder an den Hersteller gebundene Förderungen für E-Motorräder gibt?
Patrick: Ich könnte jetzt antworten, dass Motorräder von vielen grundsätzlich in erster Linie als Spaß- und Freizeitgeräte angesehen werden. Dass sie mit durchschnittlichen Fahrleistungen von 2.200 km pro Jahr in der Gesamtbilanz unbedeutend seien. Aber das wäre zu kurz gegriffen: Auch mit Autos werden viele nicht-essenzielle „Freizeitfahrten“ erledigt, einfach nur, weil das Auto vor der Tür steht und so praktisch ist. Und gerade im städtischen Bereich werden viele Autofahrten durch Fahrten mit „50er“ Motorrollern ersetzt, einer Klasse, deren Fahrleistungen nirgends erfasst werden, weil sie nicht regelmäßig zur HU müssen. Meine Antwort lautet stattdessen: Keiner der Verantwortlichen hatte bisher die Elektromotorräder als Bestandteil der Verkehrswende auf dem Plan.
THG-News: In einigen Kommentaren – auch bei dir unter dem Video – ist ja zu lesen, dass mit dem Wegfall der THG-Quote auch das „theoretische“ Verkaufsende von E-Motorrädern wie Zero, Energica und co. eingeleitet wird. Sind die 250-350€ Prämie wirklich ein Verkaufskiller?
Patrick: Sehe ich nicht so. Bei den „großen“ Motorrädern spielt die THG-Quote im Gesamtpreis nur eine untergeordnete Rolle. Die laufenden Kosten sind ohnehin recht gering. Bei dem kleineren und billigeren Fahrzeugen hingegen muss man das Ganze etwas differenzierter sehen: Gerade in der „50er“-Klasse (L1e) stellte die THG-Quote einen nicht zu unterschätzenden finanziellen Anreiz dar, der sicher auch für den durchschlagenden Erfolg der Elektromobilität in dieser Klasse verantwortlich sein dürfte. Gefühlt ist mindestens jeder zweite verkaufte kleine Roller ein elektrischer. Hier wird es vermutlich zu Einbrüchen kommen. Trotzdem gibt es immer noch genug Gründe für ein solches Fahrzeug: Einfache Bedienung, geringer Wartungsaufwand und -kosten, kein Lärm und keine Gerüche, um nur ein paar zu nennen. In der 125er-Klasse (L3e-A1), die zuletzt durch den B196-Führerschein geboomt hat, wird das vermutlich ähnlich aussehen.
THG-News: Die THG-Quote für elektrische Zweiräder ist ja mit dem Kabinettsbeschluss vom 28.06.2023 entfallen, da es keinen eigenen Schätzwert für diese Klasse gibt. Du bist aber optimistisch und gehst von einer eigenen „Kategorie“ aus. Wie kommst du zu der Annahme?
Patrick: Das stimmt nicht ganz. Derzeit entfällt nur die Quote für die zulassungsfreien Zweiräder (L1e und 3eA1). Die jüngsten Änderungen der Verordnung haben gezeigt, dass der Regierung mittlerweile bewusst ist, dass es auch andere Fahrzeugklassen als PKW, LKW und Busse gibt. Daher gehe ich sehr davon aus, dass es – neben den bisher vernachlässigten vierrädrigen Klassen – künftig auch Schätzwerte für verschiedene L-Klassen, insbesondere die L3e-Klassen, sprich die Kraft- und Leichtkrafträder geben wird.
THG-News: Wie sieht für dich ein optimaler Schätzwert für die Klasse der elektrischen Zweiräder mit regulärer (und freiwilliger) Zulassung aus?
Patrick: Die allermeisten Elektrozweiräder am Markt sind von den Herstellern ausdrücklich als Pendlerfahrzeuge konzipiert und werden meiner Erfahrung nach auch als solche eingesetzt. Deshalb gehe ich davon aus, dass eine deutlich höhere Jahresfahrleistung als die oben genannten 2.200 km angesetzt wird. Ich erwarte daher einheitlichen Schätzwert für die L3e-Klasse von 50% der M1-Klasse (PKW), also das Equivalent von 1.000 kWh pro Jahr. Und ich sehe keinen Grund, warum die anderen L-Klassen (also auch L1e, die „50er“-Klasse) nicht denselben Schätzwert erhalten sollten. Denn es sollte honoriert werden, wenn die Menschen ihre Autos zugunsten dieser hocheffizient Fahrzeuge stehen lassen. Denn E-Zweiräder sind nicht nur effizienter als E-Autos. Sie haben auch pro zurückgelegtem Kilometer einen deutlich geringen Energieverbrauch (bzw. CO2-Ausstoß) als ein Fahrgastkilometer mit der U-/S- oder Straßenbahn. Und das will schon was heißen!
THG-News: Vielen Dank für das Interview und natürlich viel Erfolg und zahlreiche Abonnenten weiterhin. Möchtest du unseren Lesen noch etwas sagen?
Patrick: Ich habe zu danken. Mir ist wichtig, dass endlich mit dem Vorurteil aufgeräumt wird, otorräder seien reine Spaßgeräte. Insbesondere die kleineren Klassen, die „50er“ und „125er“ werden vorwiegend im urbanen Raum eingesetzt. Und hier ergeben sie deutlich mehr Sinn als Autos, egal mit welchem Antrieb. Kleine Elektrofahrzeuge, vollkommen egal ob mit zwei, drei oder vier Rädern können ein wichtiger Anteil der Verkehrswende sein und werden leider immer noch von viel zu vielen Entscheidern ignoriert. Keep that in mind! Danke.
Kurzübersicht #Steckerbiker:
Die #Steckerbiker sind kein Club und kein Verein. Es handelt sich (lediglich) um einen Begriff, den ich (Patrick) gerne nutze, um unsere noch kleine Gemeinschaft von E-Motorrad-Fahrern zu benennen. Er vermittelt uns hoffentlich sowas wie ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Ich freue mich natürlich sehr, wenn er reichlich auch von anderen genutzt wird und sich so immer weiter verbreitet.
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